Sozialpädagogische Familienhilfe

Abstract

Ein Familiensystem mit seinen Werten und Normen kann zu jeder Zeit durch äußere Einflüsse auf das System verändert und destabilisiert werden, und auch über einen längeren Zeitraum Dysfunktionen tragen, so dass eine Beratung durch pädagogische Fachkräfte vonnöten ist. Soziale Verhaltensauffälligkeiten, Schwierigkeiten in der Konfliktlösung und emotionale Probleme bieten Grundlagen und zeigen Auswirkungen für Belastungen eines gesamten Familiensystems. Um wieder eine stabile Beziehungs- und damit verbundene Erziehungsebene zwischen den Familienmitgliedern herzustellen, Ressourcen der Familie zu aktivieren und neue Wege der Problemlösung zu erkunden, ist eine Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) angedacht.

Finanzielle und rechtliche Grundlagen

Die Hilfe wird über das zuständige Jugendamt gemäß §31 SGB VIII finanziert. Der finanzielle Rahmen richtet sich nach der mit dem fallführenden Jugendamt getroffenen Leistungsvereinbarung und dem damit verbundenen Fachleistungsstundensatz. Eine zeitliche Begrenzung der Beauftragung wird vom Jugendamt in Rücksprache mit quergedacht individuell und auf die Bedürfnisse der Familie abgestimmt entschieden. Erfahrungsgemäß sind 24 bis 32 monatliche Fachleistungsstunden für zwei Fachkräfte in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten sinnvoll und werden als durchschnittlicher Beratungsrahmen seitens quergedacht empfohlen.

Zielgruppen

Die Inanspruchnahme einer SPFH ist auf keine bestimmten Personen, Problemlagen oder Störungen begrenzt. Sowohl gemeinsam als auch getrennt lebende Eltern können die Unterstützung zu verschiedensten erzieherischen Themen in Anspruch nehmen. Die individuellen und familienbezogenen Problemlagen sowie das Kindeswohl mit seiner emotionalen und sozialen Entwicklung nehmen stets die zentrale Rolle ein.

Ziele

Im Fokus der SPFH steht die Unterstützung von Erziehungsberechtigten zur Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme, zur Lösung von Erziehungsfragen und die damit verbundene Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung. Grundlagen für die Inanspruchnahme des Erziehungscoachings können

  • Fragen zu Entwicklungsphasen und der Erziehung von Kindern,
  • Erziehungsschwierigkeiten,
  • Psychische Erkrankungen innerhalb des Familiensystems,
  • Verhaltensauffälligkeiten,
  • Schwierigkeiten im Familienalltag
  • Entwicklungsverzögerungen,
  • psychosomatische Beschwerden,
  • Eltern-Kind-Konflikte, Geschwisterkonflikte,
  • Kindesmisshandlung,
  • sexueller Missbrauch,
  • Ess- und Schlafstörungen sowie
  • Veränderungen der Familienstruktur durch Trennung, Scheidung oder Umzug und der daraus resultierenden Erziehungsherausforderungen,
  • als auch hinsichtlich der Ausübung des Umgangsrechts nichtsorgeberechtigter Elternteile sein.

Ziel der Berater ist es, das Familiensystem in Kooperation mit den Familienmitgliedern auf eine funktionale und dem Kindeswohl im höchsten Maße dienliche Ebene zu bringen, jedoch die Individualität der einzelnen Familie zu wahren. Bereits bestehende Ressourcen werden gestärkt und erweitert. Zu den zentralen Förderzielen einer Elternberatung im Rahmen der SPFH zählen

  • der Auf- und Ausbau von Erziehungs- und Beziehungskompetenzen,
  • Psychoedukation (in welcher Entwicklungsphase befindet sich das Kind und welche entwicklungsbedingten Aufgaben hat es zu bewältigen),
  • Veränderungen der Systemstruktur,
  • Aufbrechen von starren Verhaltensmustern,
  • Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion,
  • Gemeinsame Entwicklung von gewaltfreien Konfliktlösungsstrategien,
  • Stärkung des Selbstbildes der Erziehungsberechtigten
    Auch eine Empfehlung von therapeutischen Maßnahmen kann das Ergebnis der Erziehungsberatung sein.

Hilfe-/Auftragsplanung

Bereits im Erstkontakt zwischen dem Jugendamt und dem Träger quergedacht, ist ein Austausch von ersten fallbezogenen Informationen vorgesehen. Damit der Träger eine mit ihren Qualifikationen auf das Familiensystem ausgerichtete Fachkraft beauftragen kann, werden folgende Informationen benötigt:

  • Welche Problematik stellt eine Grundlage für die SPFH dar?
  • Wie stellt sich die Struktur der Kernfamilie dar?
  • Wie alt sind die Kinder?
  • Gibt es Verhaltensauffälligkeiten? Zeigen sich diese systemübergreifend?
  • Sind die Erziehungsberechtigten berufstätig? In welchem Zeitraum sind Termine möglich? Erfolgt eine Beauftragung durch das Jugendamt, wird zum Fallbeginn ein Start-HPG geplant. In diesem Rahmen lernen sich die Familie und Berater kennen, der Auftrag wird formuliert und der Leistungsumfang bestimmt. Ein erstes Zwischen-HPG wird oft nach einem Zeitraum von sechs Wochen geplant. In diesem Fall werden erste Ergebnisse zur Zusammenarbeit, Problemeinsicht und Veränderungsbereitschaft der Familie dem fallführenden Jugendamtsmitarbeiter in Form einer Tischvorlage im Vorfeld zugeschickt. Nach sechsmonatigem Hilfeverlauf findet ein weiteres HPG statt, welches manchmal bereits als Abschlussgespräch fungiert. Die Berater halten den gesamten Hilfeverlauf in einem Bericht fest und teilen dem Jugendamt eine Empfehlung für den weiteren Hilfeverlauf mit.

Angebotsstruktur

Das Erstgespräch findet mit den Eltern im eigenen Haushalt der Familie statt und dient einem ersten gegenseitigen Kennenlernen. Den Beratern ist stets bewusst, dass sie intime Familienthemen ansprechen und achten daher auch auf einen angemessenen Beziehungsaufbau. In einer Anamnesephase werden die Eltern gebeten, den Hilfebedarf erneut aus eigener Sicht zu schildern und ihre Familienstruktur zu beschreiben. Mögliche Ressourcen der Familie können zu diesem Zeitpunkt bereits erkannt, gestärkt und aktiviert werden. Ein Genogramm wird ebenfalls angefertigt. Der Träger quergedacht orientiert sich am systemischen Beratungsansatz. Das gesamte Familiensystem, mit seinen Stärken und Schwächen, trägt zur funktionalen Qualität des Systems bei. Als solches werden mit den Eltern auch deren eigene Erziehungserfahrungen eruiert und ihnen deren Auswirkungen auf ihr heutiges Erziehungsverhalten bewusst gemacht. Zudem werden augenscheinliche Bindungsmuster in der Familie und daraus resultierende Beziehungsstrukturen beobachtet und analysiert. Ist die Anamnese abgeschlossen und eine Diagnose hat stattgefunden, folgt, je nach Problematik, ein individueller Beratungszeitraum mit wöchentlichen Terminen. Dieser beinhaltet beispielsweise

  • Einzelgespräche,
  • Familienberatung,
  • Interaktionsbeobachtungen
  • und Kriseninterventionen. Durch regelmäßige Teamsitzungen und Fallbesprechungen mit der zuständigen Fallkoordination werden Ressourcen des multidisziplinären Fachteams für die Fallarbeit aktiviert.

Stand: 01.01.2021

Photo by Simon Berger on Unsplash